zurück

Vorsicht, frisch gebacken!

Mehr als eine Filiale? Ne, sagt Björn Vollmer. Mehr Maschinen als nötigt braucht der gelernte Konditor ebenfalls nicht. Alles Handwerk. Und das lohnt sich richtig. Vorsicht, frisch gebacken!

Am Ende ist es alles eine Frage der Zeit. Wie lange lässt du den Teig gehen? Wie viel Ruhe gönnst du ihm? Wann schiebst du ihn in den Ofen, wann ziehst du ihn wieder heraus? Wer bei Björn Vollmer sein Graubrot kauft, der weiß, dass er frühmorgens nicht zu kommen braucht, kommt es doch erst um 10:30 Uhr aus dem Ofen. Weil es eh alle abends essen. Und es dann eben noch frisch sein soll. Bis zu 48 Stunden ruhen die Teige von Björn Vollmer, warten mal auf der bemehlten Holzarbeitsplatte, dann im Kühlschrank darauf, weiterverarbeitet zu werden. Zeit? Hat heute kaum jemand. Und ist doch entscheidend. 

Während die Großbäckereien abends fertig backen, was am nächsten Morgen in die Filialen gebracht und vielleicht erst am Abend verzehrt wird, ticken die Uhren hier in Bünde-Ennigloh anders. Der Weg von der Backstube in den Verkaufsraum misst nur ein paar Meter. An eine weitere Filiale? Hat Björn Vollmer nie gedacht. So wie sein Vater, sein Großvater, sein Urgroßvater auch nicht. Zu viel organisatorischer Aufwand. Und am Ende auch nicht gut fürs Produkt.

Björn Vollmer backt anders

Denn wo anderswo Bäckereifachverkäuferinnen backen, wo heiße Luft die Teiglinge umwirbelt, geht der gelernte Konditor anders vor. Alles kommt hier auf die heiße Ofenplatte. Das macht das Brot knuspriger, sorgt dafür, dass man die Brötchen auch am Folgetag essen kann. Gut sogar. Und gerne auch an einem Sonntag. 

Wer sagt denn, dass das Bäckerhandwerk einen Großteil seines Umsatzes am Sonntag macht? Björn Vollmer macht dann erst gar nicht auf. Weil er nicht dran glaubt, dass die Massen kommen. Und er die Zeit braucht, um aufzuräumen, reinigen zu lassen, einzuräumen, sich zu sortieren. Sieben Tage die Woche arbeitet er. Und das gerne. Steht morgens um halb vier auf, legt sich mittags ein, zwei Stunden hin, kümmert sich dann um das Wirtschaftliche, ehe er sich um halb elf schlafen legt. Mehr Schlaf braucht er nicht. Der wenige aber sollte ruhig, ohne Störungen verlaufen.

Wenn er morgens als erster die Backstube aufschließt, steht ihm sein Vater zur Seite. 65 Jahre alt und immer noch mit Begeisterung dabei. Die Knetmaschinen legen dann los, alles andere ist Handarbeit. Croissants werden per Hand geformt, Brötchen per Hand geschnitten, Haferflocken über Brotlaibe gestreut. Weil es eine Maschine nicht besser, nur schneller könne. Und schneller eben nicht gleich besser bedeute.

Sein Handwerk hat der 38-Jährige von der Pike auf gelernt, bezeichnet seine Ausbilderin von damals auch heute noch als »harten Knochen«. Und bedankte sich nach drei Jahren Lehrzeit mit einem Blumenstrauß, so viel hat er bei ihr gelernt. Etwa, dass die Neugierde in dem Beruf nicht zu kurz kommen dürfe. 

Mit 12 backt er die ersten Berliner

Wenn es darum gehe, Neues auszuprobieren, etwa den »scharfen Vollmer« zu entwickeln, das Baguette mit Chili, Pfeffer und Fetakäse. Oder die Wurstbrötchen, die viel Zeit brauchen, ehe sie fertiggestellt sind. Und doch – oder gerade deshalb – bei keiner Grillparty fehlen dürften. Vollmer setzt Sauerteig an, erfreut sich am Dinkelbrot, backt Butterweißbrot, tunkt Nussecken in Schokolade. Einige seiner Brote wurden vom Deutschen Brotinstitut geprüft, mit dem Ergebnis, dass sie zu den besten Broten Deutschlands gehören. Schon mit zwölf Jahren hat er begonnen, Berliner zu backen.

Einen anderen Beruf? Konnte er sich schon damals nicht vorstellen. Und auch heute, 26 Jahre später, verschwendet er keinen Gedanken an Wenn und Aber.
Zu Hause war immer viel zu tun und irgendwie ist das Tagesgeschäft doch eines, das vieles andere eben in den Hintergrund dränge. Die Auftragsbücher sind voll, Unternehmen bestellen Canapés und Brötchen in großen Mengen, Handwerker halten zur Frühstückspause.

Und es kommen nicht nur die, die in der Nähe wohnen, sondern auch die, die eigentlich vorbeifahren. Und dann doch anhalten. Vielleicht, weil sie vom hervorragenden Butterkuchen gehört haben. Weit über die Grenzen Enniglohs bekannt und doch ganz ohne Geheimnis entstanden. Wer Björn Vollmer fragt, wie das komme, erntet nur ein Lachen. Und Schulterzucken. Er weiß es nicht. Vielleicht liegt auch hier das Geheimnis im Mix aus Zeit und Handarbeit.